0

Staat und Kapitalismus


Dieser Vorschlag will die Weltherrschaft


Diskussionen

  • Selten so einen Mist gelesen. Aber zum Glück können sich "Antikapitalisten" nie so ausdrücken, dass man ihnen zustimmen würde...

  • Armin ist dafür
    +1

    Analyse: „Der Staat“

    Der Staat schiebt ab, der Staat übt Repression gegen seine politischen Gegner_innen, der Staat erhöht die Steuern und der Staat lässt seine Gesellschaft verhungern. In vielen Fällen wird „der Staat“ als Urheber zahlreicher gesellschaftlicher Probleme und_oder unfähiger Akteur auf der Bühne der Gesellschaft dargestellt. Doch in vielen Fällen ist nicht einmal klar definiert, was diesen Staat als Konstrukt überhaupt ausmacht. Wer ist der Staat? Wer macht mit und wer nicht? Was kann bzw. darf der Staat und was tut er wirklich? Lernen wir diesen Staat also besser kennen und verstehen.

    „Der Staat“ ist im Grunde die formelle Ordnung des gesellschaftlichen Lebens. Staatstheoretiker_innen gehen davon aus, dass der Staat eine die Gesellschaft durchlaufende Ordnung ist, die unser zivilisiertes Leben in den Bahnen halten soll. Ohne den Staat gebe es laut Thomas Hobbes' Werk „Leviathan“ keine Möglichkeit der friedlichen Koexistenz in einer Gesellschaft, da das Individuum zum Egoismus und zur Asozialität neige und sich demnach mit anderen Individuen im Krieg „Jeder gegen Jeden“ befinde, wenn es keinen gesellschaftlichen Konsens über gewisse Grundordnungen gebe. Nur so könne die Freiheit des Einzelnen in der Gesellschaft gewährleistet sein.

    Im Laufe der Jahrhunderte hat sich das Modell des Staats drastisch gewandelt. Bis ins vergangene Jahrhundert war der Staat durch wenige Akteur_innen wie z.B. Monarch_innen oder Diktatoren vertreten und im Grunde der Gesellschaft übergeordnet. Die Ordnung wurde durch massive Autorität in der Gesellschaft durchgesetzt, weshalb auch von einem „einseitig repressiven Staat“ gesprochen wird. Auch heute wird in zahlreichen emanzipatorischen Gruppen und Bewegungen noch von diesem Modell ausgegangen, in dem wenige Machthabende über die hilflose Masse richte und sie durch Autorität und Propaganda im Würgegriff halte. Dieses Modell ist laut Aussage des Antrags „Den Kapitalismus überwinden“ jedoch nicht mehr auf die heutige Gesellschaft anwendbar. Der Grund dafür ist der allgemeine Wandel der Gesellschaftsmodelle weg von autoritären Staaten hin zu demokratischen Modellen im Zuge der Aufklärung. Der Staat, der unsere Gesellschaft organisiert und im Rahmen der Freiheit für alle Individuen hält, ist vielmehr ein stillschweigender 1Konsens, der vom Großteil der Gesellschaft akzeptiert und mit getragen wird. Die Herrschenden werden nicht mehr durch eine vermeintlich legitimierende „Blutlinie“ oder durch selbst ernannte Fähigkeiten zu herrschen auf einzelne Personen übertragen, sondern durch die Gesellschaft als solche legitimiert. Die Gesellschaft bestimmt sozusagen selbst ihre Herrscher_innen aufgrund Sympathien oder der Zurechnung bestimmter Kompetenzen wie etwa gesellschaftliches Engagement. Letztendlich wird jedoch durch diesen Bestimmungsprozess noch immer eine Klasse gebildet, die über die Ordnung der Gesellschaft in Form von Gesetzen und anderen Beschlüssen bestimmen und deren Durchsetzung zu initiieren hat. Die Durchsetzung als solche wird dann von den verfassungsmäßig verankerten Gesellschaftsorganen wie etwa der Polizei und anderer Behörden wie z.B. zur Unterhaltssicherung, durchgesetzt und wie etwa von den Gerichten aufrechterhalten. Die Verfassung wie z.B. das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland fungiert dazu als großer Rahmen, in dem diese Ordnung stattfindet. Schreibt sich eine Gesellschaft also verfassungsmäßig vor, ihre ordnungsschaffenden Organe auf dem Wege der Legitimierung durch freie Wahlen zu bestimmen und wird die Etablierung und Erhaltung dieser Ordnung speziellen Organen zugeschrieben und nicht weiter angefochten, kann der Gesellschaft eine Akzeptanz zugerechnet werden, eine Form von Herrschaft über sich zu akzeptieren oder wenigstens zu tolerieren. Dass es also in den Augen eines Großteils der Gesellschaft normal ist, alle vier Jahre den_die eigene_n Vertreter zu wählen, dass es selbstverständlich ist, bei Verstößen gegen die ordnungsregulierenden Gesetze der Gesellschaft diese bei einem Organ wie der Polizei anzuzeigen, ist Teil einer sogenannten „2Hegemonie“. Meinungsäußerungsorgane, wie etwa die Presse oder Gewerkschaften, können diese Hegemonie durch das Nichtanfechten der generell bestehenden Ordnung mittragen. So kann während einer politischen Talkshow über die Erhöhung der Umsatzsteuer diskutiert werden, die im Rahmen der gesellschaftlich gefassten Ordnung liegt, während im Gegenzug die radikale Ablehnung der Geldwirtschaft eine solche Diskussion gar nicht erst möglich machen könnte. Die Akzeptanz der Geldwirtschaft kann also generell Teil der Hegemonie einer Gesellschaft sein.

    Doch was hat dies alles mit dem Kapitalismus und der Probleme auf sich, die er mit sich bringt? Kapitalismus ist eine mögliche Form der Gesellschaft. Sie bestimmt unseren Alltag, unser Handeln und unseren Umgang miteinander. Wenn der Kapitalismus, also das Prinzip der stetigen Wertvermehrung zum Selbstzweck, als gesellschaftlicher Konsens festgeschrieben wird, wird dieser von der breiten Gesellschaft in der Regel nicht in Frage gestellt. Es ist also wieder eine Hegemonie hergestellt, die den jüngsten Gesellschaftsmitgliedern in die Wiege gelegt wird, dass sie Modelle wie Lohnarbeit, Geldwirtschaft und 3Nutzenmaximierungsprinzip als „normal“ auffassen. Die Folge ist, dass Dissens schaffenden Elemente der Gesellschaft, die die existierenden Werte der Gesellschaft kritisieren oder gar die Gesellschaft in ihrer bestehenden Form als Ganzes ablehnen, mit Zweifel, Intoleranz oder gar Feindseligkeit entgegengekommen wird. Der_die Demonstrant_in zum 1. Mai wird dann in den meisten Fällen pauschal als „Chaot_in“ in permanenter Antihaltung abgestempelt. Proteste werden gar kriminalisiert und die von den exekutiven Staatsorganen ausgeübte 4Repression wird in weiten Teilen der Gesellschaft mitgetragen, indem sie als solche von der Gesellschaft nicht in Frage gestellt werden.

    Da es in den letzten Jahrzehnten jedoch die oben beschriebene Wandlung der Gesellschaft – also weg von einzelnen Protagonist_innen hin zu einer Gesellschaft, die sich selbst beherrscht, ist eine ganzheitliche Systemkritik erforderlich, um das Problem des Kapitalismus erfolgreich angehen zu können. Es gibt keinen traditionellen „Klassenkampf“ mehr, in dem sich ein unterdrücktes 5Proletariat gegen eine herrschende Klasse der Kapitalist_innen aufzulehnen hat, um sich aus deren Herrschaft zu befreien. Vielmehr hat sich das System Kapitalismus verselbstständigt: der Kapitalismus als Konsens wird von uns allen getragen. Auf der einen Seite verfolgt ein Großteil der Gesellschaft den Prinzipien des Nutzenmaximierungsprinzips, legt Geld an und behauptet sich auf dem Arbeitsmarkt, um einerseits die eigene Position in der Gesellschaft und andererseits die Gesellschaft selbst nach vorn zu bringen – wobei dieses „nach vorne bringen“ immer in Form der Wertvermehrung stattfindet. Andererseits ist jedes Gesellschaftsmitglied dazu verpflichtet, am Spiel teilzunehmen, sich Arbeit zu suchen, Mehrwerte zu schaffen um in der Gesellschaft überleben zu können. Wer dies nicht tut, ist nicht in der Lage, selbstbestimmt zu leben und würde ohne soziale Stütze, die es in vielen kapitalistischen Gesellschaftssystemen noch gibt, angewiesen. Oft wird die soziale Absicherung anderer in kapitalistisch geprägten Systemen jedoch ablehnend betrachtet. Arbeitslosigkeit wird als Schande betrachtet und führt in der Regel zur gesellschaftlichen Isolation, da ein Großteil des gesellschaftlichen Lebens am Arbeitsplatz stattfindet und das Individuum sich nicht selten über den eigenen Beruf identifiziert.

    Um diesen Konsens zu brechen, muss die Gesellschaft aus dem System Staat herausgelöst werden. Jeder Mensch muss sich kritisch mit der Gesellschaft auseinandersetzen, in der er lebt. Dabei ist es wichtig, sich auch mit der Legitimation der staatlichen Organe auseinanderzusetzen, die oft im stillschweigenden Konsens akzeptiert werden.

    Demnach ist die Gesellschaft selbst für die Überwindung des Kapitalismus verantwortlich. Ein staatlich verwalteter Überwindungsprozess ist nicht möglich und illegitim, da erstens der Kapitalismus innerhalb des Großteils aller Staaten Konsens ist und der Staat daher gehend Repräsentativ für den Kapitalismus steht. Zweitens kann eine Überwindung des Kapitalismus unter staatlicher Anleitung nicht zur eigentlich angestrebten Befreiung der Gesellschaft führen. Die Autorität des Staats würde wieder zu einem Herrschaftsverhältnis über Dissident_innen führen. Folge wären schlimmstenfalls totalitäre Systeme wie etwa Nordkorea, wo 6Dissident_innen Opfer massiver Repression werden und opponierenden Gesellschaftssystemen mit kriegerischer Aggression begegnet wird.

    1Konsens = Entscheidung, die von allen Betroffenen ihrer Konsequenzen mitgetragen wird. 2Hegemonie = allgemein anerkannter Zustand innerhalb einer Gesellschaft, der nicht angefochten wird. 3Nutzenmaximierungsprinzip = im Kapitalismus ist theoretisch jedes Individuum bestrebt, die eigene Situation und die Situation der Gesellschaft in einem stetigen Prozess zu verbessern. 4Repression = Unterdrückung dissidierender Meinungen durch Ausübung von Macht zur Aufrechterhaltung der Hegemonie (z.B. Verbot von Demonstrationen) 5Proletariat = Im 19. und bis ins 20. Jahrhundert wurden die von den Arbeitgeber_innen abhängigen Arbeiter_innen unter den Sammelbegriff „Proletariat“ gefasst. Wird auch heute noch in bestimmten Strömungen emanzipatorischer Politik verwendet.

Versionen


    1. Sie können einen Vorschlag unterstützen oder ablehnen.

    2. Und ihn in Ihre Beobachtungsliste aufnehmen.

    3. Informationen über den Vorschlag einsehen...

    4. ...Schlagworte für diesen Vorschlag hinzufügen...

    5. ...oder den Vorschlag mit anderen per Facebook, Google+ oder Twitter teilen.

    6. Kommentare können Sie nicht nur bewerten...

    7. ...sondern auch dazu verfasste Antworten einsehen...

    8. ...selbst eine Antwort zu einem Argument schreiben...

    9. ... und neue Argumente einbringen.

    10. Oder aktiv den Vorschlag mitgestalten und Alternativen einbringen.